Freitag, 20. April 2012

Keine "Hangouts on Air" in Deutschland

YouTube wollte allen Benutzern die Möglichkeit eröffnen, ihre eigene Sendung live im Internet zu übertragen. Wie das ZDF in ihrem Blog berichtet steht "YouTubes Livestreaming vor dem Aus" - zumindest in Deutschland. Sie berufen sich dabei auf den Rundfunkstaatsvertrag.

Auch Philpp Steuer berichtete auf Google+ darüber. Dazu verfasste ich einen Kommentar. Diesen stelle ich (überarbeitet und ergänzt) hier nochmal zur Verfügung.


Warum es in Deutschland keine Hangouts on Air geben wird
ein Kommentar von Mathias Lechner

Es wird Zeit, dass sich mal etwas im deutschen Gesetzes- und Medien-Dschungel ändert. Das Internet sollte frei sein. Und Live-Übertragungen (Livestreaming) im Internet zähle ich zur freien Entfaltung der Persönlichkeit. Die wiederum ist ein Grundrecht (Art. 2 GG). Dort steht übrigens nicht, dass dieses Grundrecht durch Gesetze eingeschränkt werden darf (wie es bei anderen Grundrechten der Fall ist).

Einzig zutreffend in Bezug auf Live-Übertragungen im Internet kann hier nur Art. 5 Abs. 1 GG gelten, wonach jeder das Recht hat "...seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten...". "Diese Rechte finden", gemäß Art. 5 Abs. 2 GG, "ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre."

Zu den allgemeinen Gesetzen, die dieses Grundrecht beschränken, gehört das Mediengesetz. Dabei gibt die Präambel des Mediengesetzes schon einen Hinweis auf die Beschränkung und verweist auf die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten:
Dieses Bundesgesetz soll zur Sicherung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung und Information die volle Freiheit der Medien gewährleisten. Beschränkungen der Medienfreiheit, deren Ausübung Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, sind nur unter den im Art. 10 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, bezeichneten Bedingungen zulässig.
Also mal schnell in die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten geworfen. Der Vollständigkeit halber hier Art. 10 Abs. 1 und 2:
(1) Jeder hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriff öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieser Artikel schließt nicht aus, daß die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen.
(2) Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie im Gesetz vorgeschrieben und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten, unentbehrlich sind.
Nachdem ich nun das alles gelesen habe, komme ich zu dem Schluss, dass ein Verbot von Hangouts on Air in Deutschland laut Art. 10 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten mindestens einen der folgenden Tatbestände voraussetzt:
  • Bedrohung der nationalen Sicherheit
  • Beeinträchtigung der Ordnung
  • Förderung von Verbrechen
  • Beeinträchtigung der Gesundheit oder der Moral
  • Beeinträchtigung des guten Rufes oder der Rechte anderer
  • Förderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten
  • Bedrohung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung
Nach Verinnerlichung der oben genannten Punkte, kommt für mich nur eine Schlussfolgerung für ein Verbot von Hangouts on Air in Deutschland in Betracht:
Dem deutschen Bürger wird per Generalverdacht unterstellt, dass er grundsätzlich ein Revolutionär und/oder gegen die freiheitlich demokratiche Grundordnung und/oder ein Straftäter und/oder unmoralisch und/oder beleidigend oder verleumdend und/oder ein Spion und/oder unbequem für die Rechtsprechung ist und die Möglichkeit der Live-Übertragung ausschließlich zur Weitergabe dieser Ansichten nutzen wird.
Nun, jetzt wisst ihr, warum Hangouts on Air in Deutschland verboten sind.

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