Montag, 30. Juli 2012

Leistungsschutzrecht entschärft

Das Bundesjustizministerium hat den Entwurf für das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse entschlackt. Demnach sollen von dem neuen Gesetzesentwurf nur noch Suchmaschinen betroffen sein, nicht jedoch Blogger, die auf ihren Seiten Werbung schalten oder einen Micropayment-Button haben.


Es geht hier insbesondere um die Einschränkung des Schutzbereiches in Paragraph 87g Abs. 4, wonach die "öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen" weiterhin erlaubt sei, "soweit sie nicht durch die Anbieter von Suchmaschinen" geschieht. Genau genommen dreht sich alles um "systematische Zugriffe" durch Suchmaschinen auf die Leistungen der Verleger und das daraus resultierende Geschäftsmodell.

Nun kann man sicher denken, als Blogger ist man erst mal fein raus. Uns betrifft das jetzt nicht mehr. Aber wo bekommen wir unsere Informationen denn her? Genau, von den Verlegern. Und ich surfe bestimmt nicht alle Presseseiten einzeln an, um immer auf dem Laufenden zu sein. Klar nutze ich Suchmaschinen oder News-Aggregatoren, um schnell interessante Artikel oder Hintergrundinformationen zu finden. Doch genau hier liegt der sprichwörtliche Hund begraben.

Die Verleger wollen von den News-Aggregatoren Geld, weil die ihre Artikel verlinken. Dabei wird neben der Überschrift für gewöhnlich auch ein sogenanntes Snippet (also ein kurzer Auszug aus dem Text) angezeigt, das dem Benutzer helfen soll, für ihn interessante Inhalte zu finden. Und da die News-Aggregatoren neben den Artikeln auch noch Werbung auf der Seite darstellen, verdienen sie laut den Verlegern mit deren Leistung Geld. Und von diesem Kuchen wollen die Verleger ein Stück abhaben.

Der Blick hinter den Spiegel


Was machen die News-Aggregatoren denn nun genau? Sie sammeln auf den Seiten der Verleger Artikel ein und präsentieren diese gesammelt und in Kategorien eingeteilt dem Benutzer. Dabei ergeben sich für den Benutzer Vorteile. Diese sind unter anderem ein schnellerer Überblick der aktuellen Nachrichten und das Finden verschiedener Artikel zu einem Thema. Für Verleger ergibt sich der Vorteil, dass Benutzer auf deren Seiten gebracht werden. Vorteil für beide ist, dass dieser Service kostenlos erbracht wird. Im Fall Google News schaltet der Betreiber Google keine Werbung und verdient an diesem Service noch nicht einmal indirekt.

Was passiert, wenn das Leistungsschutzrecht in Kraft tritt


Im Grunde geht es den Verlegern nur um Google. Google hat nämlich den größten Marktanteil in Deutschland. Sowohl bei der Suchmaschine (mehr als 95%), als auch bei den News (Steigerung um 18%). Doch Google könnte den News-Dienst kurzerhand einstellen und alle Verleger vom Suchindex streichen. Bums. Damit wären die Verleger mit einem Schlag medial unsichtbar. Und wenn die Verleger unauffindbar sind, wird auch niemand ihre Erzeugnisse zitieren, ihre Artikel kritisieren geschweige denn auf sie verlinken. Die Besucher auf den Seiten der Verleger werden urplötzlich ausbleiben. Ist es das, was die Verleger wollen? Sieht ganz danach aus. Natürlich werden sie dann heulen und Google mit Klagen überziehen. Google würde doch nur seine Monopolstellung ausnutzen und die Verleger müssten gelistet werden. Doch hier könnten die Verleger einem Irrtum aufsitzen. Google würde mit so einer Aktion nur von seiner Monopolstellung bei den Suchanfragen zurücktreten und den Mitbewerbern (die zwar in Deutschland kaum jemand benutzt, aber was soll's) das Feld überlassen. Die Mitbewerber haben nun zwei Optionen. Entweder sie listen die Verleger und zahlen an sie Gebühren oder sie machen es Google gleich und verbannen die Verleger ebenfalls von ihrem Suchindex. Ich tippe da mal auf letzteres.

Das passiert auch noch


Bruno Kramm, Urheberrechtsbeauftragter der Piratenpartei Deutschland bringt es auf den Punkt.

Mit diesem Entwurf offenbart uns die Bundesjustizministerin ihr wahres Gesicht: Es geht hier schlichtweg um das Geschäftsmodell Google, von dem Verlage nutznießen können sollen. Damit wird das Leistungsschutzrecht aber ein Einzelfallgesetz, was per Grundgesetz schlichtweg verboten ist.
(Quelle: piratenpartei.de)

Im Falle der Verabschiedung des Leistungsschutzrechts sehe ich schon die Klageschriften beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eintrudeln. Ein völlig logischer Schritt, den ich zumindest von der Piratenpartei, jedoch auch von anderer Seite erwarte.

Wie es weiter geht


Vielleicht wird es noch eine Revision zum Gesetzentwurf geben. Nicht ganz sicher ist, ob das Gesetz tatsächlich verabschiedet wird. Aber eines steht jetzt schon fest. Sollte das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse kommen, dann sind die Verleger nicht auf der Seite der Gewinner. Es wird heißen:

Verleger sind Verlierer!


[Links]
Justizministerium entschärft Entwurf für Presse-Leistungsschutzrecht | heise.de
Neuer Gesetzesentwurf führt Leistungsschutzrecht ad absurdum | piratenpartei.de
21 News-Aggregatoren gegen die Informationsflut [Update] | t3n.de

[Bild]
Public Domain

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