YouTube wollte allen Benutzern die Möglichkeit eröffnen, ihre eigene Sendung live im Internet zu übertragen. Wie das ZDF in ihrem Blog berichtet steht
"YouTubes Livestreaming vor dem Aus" - zumindest in Deutschland. Sie berufen sich dabei auf den Rundfunkstaatsvertrag.
Auch
Philpp Steuer berichtete auf Google+ darüber. Dazu verfasste ich einen Kommentar. Diesen stelle ich (überarbeitet und ergänzt) hier nochmal zur Verfügung.
Warum es in Deutschland keine Hangouts on Air geben wird
ein Kommentar von Mathias Lechner
Es wird Zeit, dass sich mal etwas im deutschen Gesetzes- und
Medien-Dschungel ändert. Das Internet sollte frei sein. Und
Live-Übertragungen (Livestreaming) im Internet zähle ich zur freien Entfaltung der
Persönlichkeit. Die wiederum ist ein Grundrecht (Art. 2 GG). Dort
steht übrigens nicht, dass dieses Grundrecht durch Gesetze eingeschränkt
werden darf (wie es bei anderen Grundrechten der Fall ist).
Einzig
zutreffend in Bezug auf Live-Übertragungen im Internet kann hier nur Art. 5 Abs. 1 GG gelten, wonach jeder das
Recht hat "...seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu
verbreiten...". "Diese Rechte finden", gemäß Art. 5 Abs. 2 GG, "ihre Schranken in den Vorschriften
der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der
Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre."
Zu den allgemeinen Gesetzen, die dieses Grundrecht beschränken, gehört das Mediengesetz. Dabei
gibt die Präambel des Mediengesetzes schon einen Hinweis auf die Beschränkung und verweist auf die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten:
Dieses
Bundesgesetz soll zur Sicherung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung
und Information die volle Freiheit der Medien gewährleisten.
Beschränkungen der Medienfreiheit, deren Ausübung Pflichten und
Verantwortung mit sich bringt, sind nur unter den im Art. 10 Abs. 2
der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten,
BGBl Nr. 210/1958, bezeichneten Bedingungen zulässig.
Also mal schnell in die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten geworfen. Der Vollständigkeit halber hier Art. 10 Abs. 1
und 2:
(1)
Jeder hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt
die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung
von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriff öffentlicher Behörden und
ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieser Artikel schließt nicht
aus, daß die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen
einem Genehmigungsverfahren unterwerfen.
(2) Da die Ausübung dieser
Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, kann sie
bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen,
Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie im
Gesetz vorgeschrieben und in einer demokratischen Gesellschaft im
Interesse der nationalen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung
und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der
Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer, um die
Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das
Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten,
unentbehrlich sind.
Nachdem ich nun das alles gelesen habe, komme ich zu dem Schluss, dass ein Verbot von
Hangouts on Air in Deutschland laut Art. 10 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten mindestens einen der folgenden Tatbestände voraussetzt:
- Bedrohung der nationalen Sicherheit
- Beeinträchtigung der Ordnung
- Förderung von Verbrechen
- Beeinträchtigung der Gesundheit oder der Moral
- Beeinträchtigung des guten Rufes oder der Rechte anderer
- Förderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten
- Bedrohung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung
Nach Verinnerlichung der oben genannten Punkte, kommt für mich nur eine Schlussfolgerung für ein Verbot von
Hangouts on Air in Deutschland in Betracht:
Dem deutschen Bürger wird per Generalverdacht unterstellt, dass er grundsätzlich ein Revolutionär und/oder gegen die freiheitlich demokratiche Grundordnung und/oder ein Straftäter und/oder unmoralisch und/oder beleidigend oder verleumdend und/oder ein Spion und/oder unbequem für die Rechtsprechung ist und die Möglichkeit der Live-Übertragung ausschließlich zur Weitergabe dieser Ansichten nutzen wird.
Nun, jetzt wisst ihr, warum
Hangouts on Air in Deutschland verboten sind.